Antrag: | Trendwende für den Öffentlichen Verkehr einleiten! |
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Antragsteller*in: | GRÜNE JUGEND Brandenburg (dort beschlossen am: 11.04.2018) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 12.04.2018, 22:41 |
Ä7 zu L1: Trendwende für den Öffentlichen Verkehr einleiten!
Antragstext
Von Zeile 17 bis 19 einfügen:
Mittel zurück. 2016 flossen von 481 Mio € lediglich knapp 325 Mio € in Leistungsbestellungen im Schienenpersonenverkehr. Das zeigt, wie[Leerzeichen]viel Luft nach oben grundsätzlich noch da ist!
Seit Jahren wird im Öffentlichen Verkehr nur zögerlich auf neue Entwicklungen
reagiert. Gestiegene und steigende Fahrgastzahlen bei gleichzeitig reduziertem
Leistungsangebot führen zu massiven Qualitätseinbußen. Gerade weil viele
Verbesserungen nur durch zeitaufwendige Infrastruktur-anpassungen zu erreichen
sind, gilt es eine langfristige Strategie zu etablieren. Wir wollen erreichen,
dass der Anteil des Umweltverbundes an den zurückgelegten Wegen auf Zwei Drittel
steigt. Dafür benötigen wir eine Trendwende im Öffentlichen Verkehr: Nicht mehr
auf die aktuellen Zahlen und Prognosen schauen, sondern ein Angebot
bereitstellen, das Nachfrage vom Motorisierten Individual-verkehr (MIV) abzieht,
weil es überzeugt. Nicht nur die aktuellen Fahrgäste bedienen, sondern aktuelle
Nicht-Nutzer*innen vom Umstieg überzeugen. Den Öffentlichen Verkehr nicht mehr
als lästiges Beiwerk, sondern als Rückgrat des Personenverkehrs etablieren.
Regionalverkehr – das Rückgrat des ÖV
Für die Bestellungen des Regionalverkehrs erhält die Landesregierung
zweckgebundene Zuweisungen – die sogenannten Regionalisierungsmittel. Die
Landesregierung gibt diese jedoch teilweise zweckentfremdet aus und behält
Mittel zurück. 2016 flossen von 481 Mio € lediglich knapp 325 Mio € in
Leistungsbestellungen im Schienenpersonenverkehr. Das zeigt, wie viel Luft nach
oben grundsätzlich noch da ist!
- Die Regionalisierungsmittel müssen komplett für den
Schienenpersonenverkehr genutzt werden. Der übrige ÖPNV ist aus
Landesmitteln zu finanzieren. Sozialpolitische Maßnahmen, wie das
Mobilitätsticket, sind aus dem Haushalt des Sozialministeriums zu
finanzieren.
- Die Verträge sind so zu gestalten, dass auch kurzfristige Anpassungen
möglich sein müssen, wenn sich über den Gültigkeitszeitraum herausstellt,
dass das Angebot nicht ausreichend ist.
- Viele Mobilitätsströme in Brandenburg haben Berlin als Durchgangs-,
Ausgangs- oder Zielpunkt. Deshalb fordern wir einen gemeinsamen
Landesnahverkehrsplan (LNVP) für beide Länder.
- Wir fordern eine striktere Trennung zwischen Regionalbahnen und
–Expressen. Da fahrende Züge ohne Bahnhalte wenig Sinn ergeben, sollen
Regionalbahnen an allen Bahnhöfen an der Strecke halten. Das soll auch die
nötige Verlässlichkeit von Haltepunkten herstellen. Regionalexpresse
sollen dagegen nur an den größeren Bahnhöfen halten, um schnellere
Verbindungen bieten zu können.
- Neben Regionalbahnen und –Expressen fordern wir die Einführung einer
dritten Zugart, die Stadt- oder Metropolexpress heißen könnte. Sie soll im
Berliner Umland an möglichst allen Haltepunkten, in Berlin dagegen nur an
den Umsteigeknoten halten und damit im Umlandverkehr die Lücke zwischen
der S-Bahn und dem Regionalverkehr schließen.
- Die Linienführung von Start- bzw. nach Endbahnhöfen sollte möglichst
durchgebundene Linien ergeben, um Umstiege zu reduzieren. Hier sind die
Möglichkeiten von Zugteilungen und –zusammenführungen - das sogenannte
„Flügeln“ – zu nutzen.
- Bei der Vertaktung muss es Ziel sein, die Abstände zwischen den Zügen
gleichgroß zu gestalten. An Wochentagen ist mindestens ein 1h-Takt
zwischen 6 und 20 Uhr und ein 2h-Takt in den Tagesrandzeiten zu erreichen.
Entsprechend dem Bedarf, gerade im berlinnahen Umland, muss der Takt
teilweise noch dichter sein, z.B. über Linienüberlagerungen.
- Die S-Bahn soll im Tarifbereich C einen 10-Minutentakt anbieten.
- Landesweit ist das Konzept des Integrierten Taktfahrplans weiter zu
entwickeln, um gute Anschlüsse zu gewährleisten. Brandenburg muss die
Bestrebungen auf Bundesebene zur Erreichung eines Deutschlandtaktes
unterstützen.
- An bestehenden Strecken, wo Siedlungsentwicklung Sinn ergibt und dadurch
an das Gesamtnetz angeschlossen werden kann, sind auch neue Bahnhalte
einzurichten bzw. alte zu reaktivieren. Umgekehrt ist es Aufgabe der
Landesplanung, die Siedlungsentwicklung entlang bestehender Schienenachsen
zu lenken.
- Bei Baustellen am Schienennetz ist bei der Einrichtung von
Schienenersatzverkehr darauf zu achten, dass dieser das vorhandene
Fahrgastaufkommen aufnehmen kann.
Infrastruktur
Ohne Infrastrukturanpassungen ist an vielen Stellen eine Verbesserung des
Leistungsangebots nicht möglich. Diese Anpassungen müssen jetzt angegangen
werden, um in absehbarer Zeit spürbare Verbesserungen zu erreichen.
Stillegungen, Abkopplungen und Entwidmungen sind abzulehnen. Kaum oder
ungenutzte Güterverkehrsstrecken sind für den Personenverkehr zu sichern.
- Für das gesamte Schienennetz ist ein zukünftiges Zielnetz zu entwickeln.
Dabei darf nicht eine bestehende Nachfrage das Angebot bestimmen. Die
Korridoruntersuchungen sind für uns zum Teil nicht nachvollziehbar und für
uns deshalb keine sinnvolle Planungsgrundlage. Wir wollen eine Trendwende
hin zu einer Daseinsvorsorge, die sich danach richtet, welches Angebot
nötig ist, um deutlich mehr Menschen die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs
attraktiv zu gestalten. Es braucht ein Angebot, das Nachfrage erzeugt,
weil es überzeugt.
- Bereits bestehende, Gesamtnetz-relevante Kapazitätsengpässe, wie der
Bahnhof Königs Wusterhausen, die Hamburger Bahn zwischen Spandau und Nauen
oder einige eingleisige Regionalstrecken, müssen aufgelöst werden. Hier
sind auch Anmeldungen zum Bundesverkehrswegeplan vonnöten, bei denen sich
die Landesregierung bisher auf Straßenbauprojekte konzentriert. Die S-
Bahnlinien sind dort zweigleisig auszubauen, wo dies erforderlich ist um
Fahrplanstabilität zu gewährleisten und dringend nötige Taktverdichtungen
zu ermöglichen.
- Für den Verkehr auf der Schiene fordern wir eine Strategie der
vollständigen Emissionsfreiheit. Dies soll über die Elektrifizierung der
Strecken einerseits und über technologieoffene eigenelektrische Antriebe
der Fahrzeuge in den Ausschreibungen erreicht werden.
- Grundsätzlich dürfen alle Planungen und Veränderungen keinen zukünftig
möglichen Ausbau behindern. Durch die Möglichkeiten der Landes- und
Regionalplanung ist sicher zu stellen, dass Trassen für mögliche weitere
Regional-Gleise, mögliche S-Bahn-Verlängerungen oder mögliche
Oberleitungen nicht entwidmet oder überplant werden.
- Der ÖPNV darf nicht nur gute Verbindungen bieten, er benötigt auch
einladende Einstiegspunkte. Dunkle und verdreckte Unterführungen schrecken
Menschen ab. Auch Bahnhofsgebäude ohne Fahrkartenverkauf oder Wartehalle
können zu öffentlichen Treffpunkten und gar Visitenkarten der Kommunen
werden. Wir erwarten ein Bahnhofssanierungskonzept, das unterstützende
Landesmittel und Beratung für potenzielle Gebäudenutzer*innen beinhaltet.
- Alle Bahnhalte müssen barrierefrei nutzbar sein. Dafür müssen auch zu
kurze Bahnsteige verlängert werden. Auf Bundesebene braucht es endlich ein
einheitliches Bahnsteighöhenkonzept.
- Fahrräder und ÖV sind die perfekten Partner. Rund um die Bahnhöfe werden
diebstahlsichere und wetterfeste Abstellplätze, abschließbare Boxen bis
hin zu Fahrradparkhäusern mit Reparatur-Service wie in Bernau benötigt.
Entsprechende Aktivitäten der Kommunen sind durch ein Landesprogramm für
alle Kommunen zu unterstützen.
Landesbedeutsame Buslinien – Die Querverbindungen
Die sogenannten Radialen, also die Verbindungen, die von Zielen in Brandenburg
nach Berlin führen, sind vom Schienennetz recht gut abgedeckt. Es fehlt
allerdings an Querverbindungen zwischen diesen Radialen. Die Landkreise, die den
Busverkehr bestellen, tun sich naturgemäß schwer damit Verbindungen über die
Kreisgrenzen hinaus zu bestellen und zu bezahlen. Letztlich würden zwar alle
Kreise profitieren, es besteht allerdings kaum ein Anreiz als Pionier
voranzugehen. Hier erwarten wir von der Landesseite mehr Engagement und
Koordination. Wir fordern den Aufbau eines Netzes von landesbedeutsamen
Buslinien, wie eines in Sachsen-Anhalt bereits Realität ist. Dieses kann das
bestehende Konzept der Plus-Busse aufgreifen und erweitern und sollte die
Mindeststandards erfüllen:
- 1h-Takt zwischen 6 und 20 Uhr an Wochentagen
- 2h-Takt am Wochenende und in den Tagesrandzeiten
- Möglichst direkte Linienführungen
- Gewährleistung von Anschlüssen an den Regionalverkehr bzw. die S-Bahn
- Mindestkomfort in Fahrzeugen und Haltstellen
- Möglichkeiten von Fahrradmitnahmen, insb. für touristisch interessante
Strecken
Tarife
Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) ist eine Erfolgsgeschichte der
Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und Berlin. Während in allen anderen
Bundesländern ein Flickenteppich an Verkehrsverbünden besteht, der viele
Pendler*innen verzweifeln lässt, vereint der VBB gleich zwei Bundesländer.
Abgesehen von der Lösung der wiederkehrenden Konflikte um die Mittelverteilung,
wollen wir den Tarif zu einem Vorbild und eventuell sogar zu einer Keimzelle
eines Deutschlandtarifs weiter entwickeln.
- Um den Bedarf an Einzelfahrscheinen zu reduzieren, wollen wir sehr
günstige Monatstickets bieten, die sich bereits ab 15 Fahrten im Monat
rechnen. Jahrestickets für das VBB-Gebiet sollen ab 1€ am Tag erhältlich
sein (365€-Ticket). Schüler*innen und Auszubildende sollen kostenlos
fahren können.
- Der Tarif, insbesondere für Einzelfahrten, ist möglichst simpel und
nachvollziehbar zu halten. Senioren und Familientickets sollten günstiger
sein. Für ehrenamtlich Engagierte soll es ein Ehrenamtsticket geben. In
das Sozialticket muss Berlin integriert sein. Das Lösen von Fahrscheinen
in Bussen und Zügen mit Bargeld muss dabei ohne Aufpreis möglich sein.
- Es sind die rechtlichen Möglichkeiten zu schaffen, lokal umlagefinanzierte
Systeme zur vollständigen Fahrscheinfreiheit zu etablieren. Auch die
vollständige oder teilweise Ableistung des Fahrpreises durch (Be-)Zahlung
von Kurtaxen oder touristischer Angebote ist zu ermöglichen.
- Das Tarifgebiet des VBB sollte über die Landesgrenze Brandenburgs
erweitert werden. Dies ergäbe gerade im Bereich der Lausitz durch die
Integration von VVO und ZVON oder im Norden mit dem Landkreis
Mecklenburgische Seenplatte Sinn. Auch über die polnische Grenze hinaus,
insbesondere in die Doppelstädte an Oder und Neiße, muss das verfolgt
werden.
- Tarifzonengrenzen wirken als psychologische Hürden, auch und insbesondere
für ÖV-nutzende und rausziehwillige Berliner*innen. Wir wollen daher den
Berlin-C-Bereich auf die Orte Fürstenwalde, Bestensee, Wünsdorf Waldstadt,
Trebbin, Beelitz, Brandenburg-Havel, Nauen und Kremmen ausweiten. Dort, wo
die Grenze zwischen den Tarifbereichen B und C immense Kfz-Verkehrsströme
induziert, ist ebenfalls über Grenz-Anpassungen nachzudenken.
- Tarifzonengrenzen dürfen Städte und Gemeinden nicht durchschneiden, da sie
die innerörtliche Nutzung des ÖPNV behindern. Insbesondere dort, wo
Gemeindezusammenschlüsse zu neuen Gemeindegrenzen geführt haben, sind
die Tarifgrenzen anzupassen.
- Da für viele Strecken ein Wechsel zwischen verschiedenen Verkehrsträgern
des Umweltverbundes nötig ist, muss es das langfristige Ziel des VBB
sein, unter seinem Dach möglichst alle Verkehrsträger anzubieten. Darunter
fallen neben dem Bahn- und Busverkehr auch Car- und Bikesharing. So könnte
sich der VBB zu einem allgemeinen Mobilitätsdienstleister entwickeln, bei
dem alle Verkehrsträger genutzt werden können. Eine Einbeziehung des
Taxigewerbes darüber hinaus ist erstrebenswert. In einer App sollten
schließlich Verkehrsträger-übergreifende Fahrplanauskunft und
Fahrscheinerwerb möglich sein.
- Durch Fahrschein-integrierte und qualitativ ansprechende Fahrradverleihe
an den Bahnhöfen wollen wir die kombinierte Nutzung von Fahrrädern und ÖV
zum einen fördern, zum anderen aber auch die Nachfrage der Fahrradmitnahme
im ÖV dämpfen. Die Tarife für die Fahrradmitnahme wollen wir deutlich
attraktiver gestalten.
Fahrzeugpark
- Busse und Bahnen sollten sauber und einladend sein. Qualitätsstandards in
diesem Bereich müssen in den Verträgen festgeschrieben und kontrolliert
werden. Bei Nichteinhaltung müssen Mittel einbehalten werden.
- Bis 2022 muss der ÖPNV so eingerichtet sein, dass Menschen mit
Behinderungen barrierefrei ein- und aussteigen können. Gerade die
kommunalen Straßenbahnunternehmen stehen damit vor gewaltigen
Investitionen, die sie allein nicht bewältigen können. Das Land muss sich
über die bisher zugesagten 48 Mio € bis 2022 hinaus finanziell engagieren.
- Die Aufnahmekapazität für Fahrräder sollte in bzw. an Bussen und Bahnen
geschaffen, erhöht bzw. sichergestellt werden, um den übrig bleibenden
Bedarf zur Fahrradmitnahme komplett aufzunehmen.
- In Zügen und landesbedeutsamen Buslinien sollte kostenloses W-LAN
angeboten werden.
- Auf elektrifizierten Bahn-Strecken ist bei Ausschreibungen die Versorgung
durch 100% erneuerbare Energien zu verlangen. Bei nicht elektrifizierten
Bahnstrecken und beim Einsatz von Bussen, ist eine technikoffene
Reduzierung der Schadstoff- und Lärmemissionen durch Auflagen in den
Ausschreibungen zu erreichen.
- Bei den Ausschreibungen stehen insbesondere Wettbewerber der DB AG vor der
schwierigen Aufgabe, den nötigen Fuhrpark zu beschaffen und zu
finanzieren. Dazu sollten alle Möglichkeiten geprüft werden, die Bieter
bei der Fahrzeugbeschaffung zu unterstützen, von Wiedereinsatzgarantien,
Fahrzeugfinanzierung über den Aufgabenträger mit anschließender
Verpachtung bis hin zu einem landeseigenen Fahrzeugpool.
Unterstützer*innen
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Mittel zurück. 2016 flossen von 481 Mio € lediglich knapp 325 Mio € in Leistungsbestellungen im Schienenpersonenverkehr. Das zeigt, wie[Leerzeichen]viel Luft nach oben grundsätzlich noch da ist!
Seit Jahren wird im Öffentlichen Verkehr nur zögerlich auf neue Entwicklungen
reagiert. Gestiegene und steigende Fahrgastzahlen bei gleichzeitig reduziertem
Leistungsangebot führen zu massiven Qualitätseinbußen. Gerade weil viele
Verbesserungen nur durch zeitaufwendige Infrastruktur-anpassungen zu erreichen
sind, gilt es eine langfristige Strategie zu etablieren. Wir wollen erreichen,
dass der Anteil des Umweltverbundes an den zurückgelegten Wegen auf Zwei Drittel
steigt. Dafür benötigen wir eine Trendwende im Öffentlichen Verkehr: Nicht mehr
auf die aktuellen Zahlen und Prognosen schauen, sondern ein Angebot
bereitstellen, das Nachfrage vom Motorisierten Individual-verkehr (MIV) abzieht,
weil es überzeugt. Nicht nur die aktuellen Fahrgäste bedienen, sondern aktuelle
Nicht-Nutzer*innen vom Umstieg überzeugen. Den Öffentlichen Verkehr nicht mehr
als lästiges Beiwerk, sondern als Rückgrat des Personenverkehrs etablieren.
Regionalverkehr – das Rückgrat des ÖV
Für die Bestellungen des Regionalverkehrs erhält die Landesregierung
zweckgebundene Zuweisungen – die sogenannten Regionalisierungsmittel. Die
Landesregierung gibt diese jedoch teilweise zweckentfremdet aus und behält
Mittel zurück. 2016 flossen von 481 Mio € lediglich knapp 325 Mio € in
Leistungsbestellungen im Schienenpersonenverkehr. Das zeigt, wie viel Luft nach
oben grundsätzlich noch da ist!
- Die Regionalisierungsmittel müssen komplett für den
Schienenpersonenverkehr genutzt werden. Der übrige ÖPNV ist aus
Landesmitteln zu finanzieren. Sozialpolitische Maßnahmen, wie das
Mobilitätsticket, sind aus dem Haushalt des Sozialministeriums zu
finanzieren.
- Die Verträge sind so zu gestalten, dass auch kurzfristige Anpassungen
möglich sein müssen, wenn sich über den Gültigkeitszeitraum herausstellt,
dass das Angebot nicht ausreichend ist.
- Viele Mobilitätsströme in Brandenburg haben Berlin als Durchgangs-,
Ausgangs- oder Zielpunkt. Deshalb fordern wir einen gemeinsamen
Landesnahverkehrsplan (LNVP) für beide Länder.
- Wir fordern eine striktere Trennung zwischen Regionalbahnen und
–Expressen. Da fahrende Züge ohne Bahnhalte wenig Sinn ergeben, sollen
Regionalbahnen an allen Bahnhöfen an der Strecke halten. Das soll auch die
nötige Verlässlichkeit von Haltepunkten herstellen. Regionalexpresse
sollen dagegen nur an den größeren Bahnhöfen halten, um schnellere
Verbindungen bieten zu können.
- Neben Regionalbahnen und –Expressen fordern wir die Einführung einer
dritten Zugart, die Stadt- oder Metropolexpress heißen könnte. Sie soll im
Berliner Umland an möglichst allen Haltepunkten, in Berlin dagegen nur an
den Umsteigeknoten halten und damit im Umlandverkehr die Lücke zwischen
der S-Bahn und dem Regionalverkehr schließen.
- Die Linienführung von Start- bzw. nach Endbahnhöfen sollte möglichst
durchgebundene Linien ergeben, um Umstiege zu reduzieren. Hier sind die
Möglichkeiten von Zugteilungen und –zusammenführungen - das sogenannte
„Flügeln“ – zu nutzen.
- Bei der Vertaktung muss es Ziel sein, die Abstände zwischen den Zügen
gleichgroß zu gestalten. An Wochentagen ist mindestens ein 1h-Takt
zwischen 6 und 20 Uhr und ein 2h-Takt in den Tagesrandzeiten zu erreichen.
Entsprechend dem Bedarf, gerade im berlinnahen Umland, muss der Takt
teilweise noch dichter sein, z.B. über Linienüberlagerungen.
- Die S-Bahn soll im Tarifbereich C einen 10-Minutentakt anbieten.
- Landesweit ist das Konzept des Integrierten Taktfahrplans weiter zu
entwickeln, um gute Anschlüsse zu gewährleisten. Brandenburg muss die
Bestrebungen auf Bundesebene zur Erreichung eines Deutschlandtaktes
unterstützen.
- An bestehenden Strecken, wo Siedlungsentwicklung Sinn ergibt und dadurch
an das Gesamtnetz angeschlossen werden kann, sind auch neue Bahnhalte
einzurichten bzw. alte zu reaktivieren. Umgekehrt ist es Aufgabe der
Landesplanung, die Siedlungsentwicklung entlang bestehender Schienenachsen
zu lenken.
- Bei Baustellen am Schienennetz ist bei der Einrichtung von
Schienenersatzverkehr darauf zu achten, dass dieser das vorhandene
Fahrgastaufkommen aufnehmen kann.
Infrastruktur
Ohne Infrastrukturanpassungen ist an vielen Stellen eine Verbesserung des
Leistungsangebots nicht möglich. Diese Anpassungen müssen jetzt angegangen
werden, um in absehbarer Zeit spürbare Verbesserungen zu erreichen.
Stillegungen, Abkopplungen und Entwidmungen sind abzulehnen. Kaum oder
ungenutzte Güterverkehrsstrecken sind für den Personenverkehr zu sichern.
- Für das gesamte Schienennetz ist ein zukünftiges Zielnetz zu entwickeln.
Dabei darf nicht eine bestehende Nachfrage das Angebot bestimmen. Die
Korridoruntersuchungen sind für uns zum Teil nicht nachvollziehbar und für
uns deshalb keine sinnvolle Planungsgrundlage. Wir wollen eine Trendwende
hin zu einer Daseinsvorsorge, die sich danach richtet, welches Angebot
nötig ist, um deutlich mehr Menschen die Nutzung des Öffentlichen Verkehrs
attraktiv zu gestalten. Es braucht ein Angebot, das Nachfrage erzeugt,
weil es überzeugt.
- Bereits bestehende, Gesamtnetz-relevante Kapazitätsengpässe, wie der
Bahnhof Königs Wusterhausen, die Hamburger Bahn zwischen Spandau und Nauen
oder einige eingleisige Regionalstrecken, müssen aufgelöst werden. Hier
sind auch Anmeldungen zum Bundesverkehrswegeplan vonnöten, bei denen sich
die Landesregierung bisher auf Straßenbauprojekte konzentriert. Die S-
Bahnlinien sind dort zweigleisig auszubauen, wo dies erforderlich ist um
Fahrplanstabilität zu gewährleisten und dringend nötige Taktverdichtungen
zu ermöglichen.
- Für den Verkehr auf der Schiene fordern wir eine Strategie der
vollständigen Emissionsfreiheit. Dies soll über die Elektrifizierung der
Strecken einerseits und über technologieoffene eigenelektrische Antriebe
der Fahrzeuge in den Ausschreibungen erreicht werden.
- Grundsätzlich dürfen alle Planungen und Veränderungen keinen zukünftig
möglichen Ausbau behindern. Durch die Möglichkeiten der Landes- und
Regionalplanung ist sicher zu stellen, dass Trassen für mögliche weitere
Regional-Gleise, mögliche S-Bahn-Verlängerungen oder mögliche
Oberleitungen nicht entwidmet oder überplant werden.
- Der ÖPNV darf nicht nur gute Verbindungen bieten, er benötigt auch
einladende Einstiegspunkte. Dunkle und verdreckte Unterführungen schrecken
Menschen ab. Auch Bahnhofsgebäude ohne Fahrkartenverkauf oder Wartehalle
können zu öffentlichen Treffpunkten und gar Visitenkarten der Kommunen
werden. Wir erwarten ein Bahnhofssanierungskonzept, das unterstützende
Landesmittel und Beratung für potenzielle Gebäudenutzer*innen beinhaltet.
- Alle Bahnhalte müssen barrierefrei nutzbar sein. Dafür müssen auch zu
kurze Bahnsteige verlängert werden. Auf Bundesebene braucht es endlich ein
einheitliches Bahnsteighöhenkonzept.
- Fahrräder und ÖV sind die perfekten Partner. Rund um die Bahnhöfe werden
diebstahlsichere und wetterfeste Abstellplätze, abschließbare Boxen bis
hin zu Fahrradparkhäusern mit Reparatur-Service wie in Bernau benötigt.
Entsprechende Aktivitäten der Kommunen sind durch ein Landesprogramm für
alle Kommunen zu unterstützen.
Landesbedeutsame Buslinien – Die Querverbindungen
Die sogenannten Radialen, also die Verbindungen, die von Zielen in Brandenburg
nach Berlin führen, sind vom Schienennetz recht gut abgedeckt. Es fehlt
allerdings an Querverbindungen zwischen diesen Radialen. Die Landkreise, die den
Busverkehr bestellen, tun sich naturgemäß schwer damit Verbindungen über die
Kreisgrenzen hinaus zu bestellen und zu bezahlen. Letztlich würden zwar alle
Kreise profitieren, es besteht allerdings kaum ein Anreiz als Pionier
voranzugehen. Hier erwarten wir von der Landesseite mehr Engagement und
Koordination. Wir fordern den Aufbau eines Netzes von landesbedeutsamen
Buslinien, wie eines in Sachsen-Anhalt bereits Realität ist. Dieses kann das
bestehende Konzept der Plus-Busse aufgreifen und erweitern und sollte die
Mindeststandards erfüllen:
- 1h-Takt zwischen 6 und 20 Uhr an Wochentagen
- 2h-Takt am Wochenende und in den Tagesrandzeiten
- Möglichst direkte Linienführungen
- Gewährleistung von Anschlüssen an den Regionalverkehr bzw. die S-Bahn
- Mindestkomfort in Fahrzeugen und Haltstellen
- Möglichkeiten von Fahrradmitnahmen, insb. für touristisch interessante
Strecken
Tarife
Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) ist eine Erfolgsgeschichte der
Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und Berlin. Während in allen anderen
Bundesländern ein Flickenteppich an Verkehrsverbünden besteht, der viele
Pendler*innen verzweifeln lässt, vereint der VBB gleich zwei Bundesländer.
Abgesehen von der Lösung der wiederkehrenden Konflikte um die Mittelverteilung,
wollen wir den Tarif zu einem Vorbild und eventuell sogar zu einer Keimzelle
eines Deutschlandtarifs weiter entwickeln.
- Um den Bedarf an Einzelfahrscheinen zu reduzieren, wollen wir sehr
günstige Monatstickets bieten, die sich bereits ab 15 Fahrten im Monat
rechnen. Jahrestickets für das VBB-Gebiet sollen ab 1€ am Tag erhältlich
sein (365€-Ticket). Schüler*innen und Auszubildende sollen kostenlos
fahren können.
- Der Tarif, insbesondere für Einzelfahrten, ist möglichst simpel und
nachvollziehbar zu halten. Senioren und Familientickets sollten günstiger
sein. Für ehrenamtlich Engagierte soll es ein Ehrenamtsticket geben. In
das Sozialticket muss Berlin integriert sein. Das Lösen von Fahrscheinen
in Bussen und Zügen mit Bargeld muss dabei ohne Aufpreis möglich sein.
- Es sind die rechtlichen Möglichkeiten zu schaffen, lokal umlagefinanzierte
Systeme zur vollständigen Fahrscheinfreiheit zu etablieren. Auch die
vollständige oder teilweise Ableistung des Fahrpreises durch (Be-)Zahlung
von Kurtaxen oder touristischer Angebote ist zu ermöglichen.
- Das Tarifgebiet des VBB sollte über die Landesgrenze Brandenburgs
erweitert werden. Dies ergäbe gerade im Bereich der Lausitz durch die
Integration von VVO und ZVON oder im Norden mit dem Landkreis
Mecklenburgische Seenplatte Sinn. Auch über die polnische Grenze hinaus,
insbesondere in die Doppelstädte an Oder und Neiße, muss das verfolgt
werden.
- Tarifzonengrenzen wirken als psychologische Hürden, auch und insbesondere
für ÖV-nutzende und rausziehwillige Berliner*innen. Wir wollen daher den
Berlin-C-Bereich auf die Orte Fürstenwalde, Bestensee, Wünsdorf Waldstadt,
Trebbin, Beelitz, Brandenburg-Havel, Nauen und Kremmen ausweiten. Dort, wo
die Grenze zwischen den Tarifbereichen B und C immense Kfz-Verkehrsströme
induziert, ist ebenfalls über Grenz-Anpassungen nachzudenken.
- Tarifzonengrenzen dürfen Städte und Gemeinden nicht durchschneiden, da sie
die innerörtliche Nutzung des ÖPNV behindern. Insbesondere dort, wo
Gemeindezusammenschlüsse zu neuen Gemeindegrenzen geführt haben, sind
die Tarifgrenzen anzupassen.
- Da für viele Strecken ein Wechsel zwischen verschiedenen Verkehrsträgern
des Umweltverbundes nötig ist, muss es das langfristige Ziel des VBB
sein, unter seinem Dach möglichst alle Verkehrsträger anzubieten. Darunter
fallen neben dem Bahn- und Busverkehr auch Car- und Bikesharing. So könnte
sich der VBB zu einem allgemeinen Mobilitätsdienstleister entwickeln, bei
dem alle Verkehrsträger genutzt werden können. Eine Einbeziehung des
Taxigewerbes darüber hinaus ist erstrebenswert. In einer App sollten
schließlich Verkehrsträger-übergreifende Fahrplanauskunft und
Fahrscheinerwerb möglich sein.
- Durch Fahrschein-integrierte und qualitativ ansprechende Fahrradverleihe
an den Bahnhöfen wollen wir die kombinierte Nutzung von Fahrrädern und ÖV
zum einen fördern, zum anderen aber auch die Nachfrage der Fahrradmitnahme
im ÖV dämpfen. Die Tarife für die Fahrradmitnahme wollen wir deutlich
attraktiver gestalten.
Fahrzeugpark
- Busse und Bahnen sollten sauber und einladend sein. Qualitätsstandards in
diesem Bereich müssen in den Verträgen festgeschrieben und kontrolliert
werden. Bei Nichteinhaltung müssen Mittel einbehalten werden.
- Bis 2022 muss der ÖPNV so eingerichtet sein, dass Menschen mit
Behinderungen barrierefrei ein- und aussteigen können. Gerade die
kommunalen Straßenbahnunternehmen stehen damit vor gewaltigen
Investitionen, die sie allein nicht bewältigen können. Das Land muss sich
über die bisher zugesagten 48 Mio € bis 2022 hinaus finanziell engagieren.
- Die Aufnahmekapazität für Fahrräder sollte in bzw. an Bussen und Bahnen
geschaffen, erhöht bzw. sichergestellt werden, um den übrig bleibenden
Bedarf zur Fahrradmitnahme komplett aufzunehmen.
- In Zügen und landesbedeutsamen Buslinien sollte kostenloses W-LAN
angeboten werden.
- Auf elektrifizierten Bahn-Strecken ist bei Ausschreibungen die Versorgung
durch 100% erneuerbare Energien zu verlangen. Bei nicht elektrifizierten
Bahnstrecken und beim Einsatz von Bussen, ist eine technikoffene
Reduzierung der Schadstoff- und Lärmemissionen durch Auflagen in den
Ausschreibungen zu erreichen.
- Bei den Ausschreibungen stehen insbesondere Wettbewerber der DB AG vor der
schwierigen Aufgabe, den nötigen Fuhrpark zu beschaffen und zu
finanzieren. Dazu sollten alle Möglichkeiten geprüft werden, die Bieter
bei der Fahrzeugbeschaffung zu unterstützen, von Wiedereinsatzgarantien,
Fahrzeugfinanzierung über den Aufgabenträger mit anschließender
Verpachtung bis hin zu einem landeseigenen Fahrzeugpool.