Antrag: | Europa für Brandenburg, Brandenburg für Europa |
---|---|
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 09.04.2018) |
Status: | Behandelt |
Eingereicht: | 12.04.2018, 16:38 |
Ä1 zu E1: Europa für Brandenburg, Brandenburg für Europa
Antragstext
Von Zeile 19 bis 21:
Rahmen eines gemeinsamen Europas vorstellen. Weil wir Europa lieben, wollen wir Europa gegen Populisten verteidigen und deshalbaber auch weiterentwickeln. Wir haben konkrete Vorstellungen, was wir uns für Europa in Brandenburg und für
Europa ist unsere Zukunft. Europa ist für uns eine Wertegemeinschaft, in der
Vielfalt, Toleranz, Menschenrechte und Respekt vor Minderheiten die Basis des
Zusammenlebens sind. Diese Werte einigen uns über Länder, Sprachen, Nationen,
Religionen, einfach über Grenzen hinweg. Die Vielfalt in der Einheit und
Zusammenarbeit aller sind die Stärken Europas. Nur mit Europa lassen sich auch
die Herausforderungen der Zukunft wie Klimawandel, Migration,
grenzüberschreitende Mobilität, innovative Landwirtschaft oder Digitalisierung
erfolgreich meistern.
Die Europäische Union ist eine politische und wirtschaftliche Erfolgsgeschichte,
für Europa und ganz besonders auch für Brandenburg. Niemals zuvor in der
Geschichte unseres Kontinents gab es eine vergleichbare Periode des
weitreichenden Friedens, der politischen und persönlichen Freiheit für alle und
des relativen Wohlstands für viele. Dennoch steht Europa vor Herausforderungen
von Innen und Außen, die seinen Bestand als Staatenunion in Frage stellen. Im
Vereinigten Königreich hat eine Mehrheit der Bürger*innen für den Brexit
gestimmt, in Ungarn und der Slowakei machen die Regierungschefs Stimmung gegen
die EU und in Polen wurde ein Rechtsstaatsverfahren eingeleitet.
Wir Brandenburger Bündnisgrünen können uns eine Zukunft für Brandenburg nur im
Rahmen eines gemeinsamen Europas vorstellen. Weil wir Europa lieben, wollen wir
Europa gegen Populisten verteidigen und deshalbaber auch weiterentwickeln. Wir haben
konkrete Vorstellungen, was wir uns für Europa in Brandenburg und für
Brandenburg in Europa wünschen.
Wir stehen ein für Europa und freuen uns auf eine europäische Zukunft für
Brandenburg.
EU-Mittel für ein ökologisches und soziales Brandenburg einsetzen
1. Gleichwertige Lebensverhältnisse fördern
Die Europäischen Kohäsionspolitik ist ein echtes Erfolgsmodell. Für uns
Bündnisgrüne bedeutet die Förderung durch Europäischen Strukturfonds nicht nur
einen wesentlichen Beitrag zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Europa,
sondern sie sind auch ein wichtiges Instrument um die Werte und Ziele der
Europäischen Union zu fördern. Wir Bündnisgrüne stehen für einen
gesellschaftlichen Mehrwert der EU-Förderpolitik. Daher ist es unabdingbar, dass
die Kohäsionsförderung in strukturschwachen Regionen fortgeführt wird. Der
Brexit führt jedoch zu einer deutlichen Kürzung der verfügbaren EU-Mittel. Dabei
ist für uns klar, dass wir für Brandenburg keine Förderung auf Kosten noch
ärmerer Regionen in der EU verlangen. Daher streben wir an den Haushalt der
Europäischen Union für die Kohäsionsförderung aufzustocken. Darüber hinaus
gehender, besonderer Förderbedarf in Brandenburg kann durch gezielte
Bundesprogramme bzw. dem Aufstocken einschlägiger Gemeinschaftsaufgaben sehr gut
beantwortet werden.
Deshalb fordern wir:
- Negativliste für Fördergegenstände (Ausschluss von Flughäfen, Autobahnen,
Kohle- und Gasinfrastruktur)
- Erhalt der EU-Kohäsionsförderung durch ausreichende Ausstattung des EU-
Haushalts mit Eigenmitteln (Finanztransaktionssteuer, Plastiksteuer)
2. Strukturwandel im Energiesektor unterstützen und nicht bremsen.
Fördergelder können auch kontraproduktiv wirken. Sie müssen deshalb
zielgerichtet für übergeordnete Ziele ausgezahlt werden. Bestimmte
Fördergegenstände vor allem auch aus klimapolitischer Sicht müssen deshalb
ausgeschlossen werden. Die Europäische Union hat sich mit der Unterschrift unter
das Übereinkommen von Paris dazu verpflichtet, wirkungsvoll dem Klimawandel
entgegen zu treten. Daher gilt: Europa muss auf dreckigen Kohlestrom verzichten.
Wir Brandenburger Bündnisgrüne wollen jedoch die Kohlekumpel, die
Facharbeiter*innen in der kohleverarbeitenden Betrieben, die Expert*innen in den
Kohlekraftwerken, die Mitarbeiter*innen in den Zulieferbetrieben und all die
Familien in den Kohleregionen nicht vergessen. Daher fordern wir neben den
absolut notwendigen Maßnahmen von Landes- und Bundesregierung ein EU-Programm
zur Gestaltung des Strukturwandels durch Kohleausstieg, mit dem eine echte
Zukunft in der Lausitz geschaffen werden kann. Denn der Ausstieg aus der Kohle
ist eine gesamteuropäische Aufgabe, daher muss der notwendige Strukturwandel
auch in der Lausitz auch mit europäischen Finanzen flankiert werden.
Deshalb fordern wir:
- Einrichtung einer Europäisches Modellregion "Lausitz im Strukturwandel"
mit dem Ziel Kohleausstieg bei gleichzeitigem Erhalt industrieller
Strukturen
- Aufbau eines EU-Kompetenzzentrum Strukturwandel in der Lausitz
- Schaffung eines neuen Förderprogramms "Just Transition" im Rahmen des
Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (geplantes Mindestbudget: 10%
der EFRE-Mittel)
3. Die Europäische Agrarpolitik an Brandenburger Bedürfnisse anpassen
Die Förderarchitektur der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) stellt rund 40 Prozent
des Gesamtbudgets der Europäischen Union und damit den zweitgrößten Posten im
EU-Haushalt dar.
Gefördert wird jedoch keine bäuerlich orientierte und naturverträgliche
Landwirtschaft, sondern ein agroindustrieller Kurs auf Kosten von Umwelt,
bäuerlichen Erzeugern, Verbraucher- und Tierschutz, der auch in Brandenburg
deutlich spürbar ist.
Für uns Bündnisgrüne steht für die neue GAP nach 2020 fest: Sie muss die
europäische Agrarwende einleiten! Wir brauchen in Brandenburg dringend eine
Umstellung der Förderpolitik weg von der Bevorzugung großer Agrarbetriebe hin zu
mehr Förderung lebenswerter ländlicher Räume und der Honorierung öffentlicher
Leistungen der Landwirtschaft wie Arten-, Umwelt-, Klima- und Tierschutz.
Vor allem kann Europa noch viel mehr für die Junglandwirte und
Existenzgründungen in der Brandenburger Land- und Lebensmittelwirtschaft tun.
Deshalb fordern wir:
- Abkehr der pauschalen Direktzahlung pro Hektar im Rahmen der 1. Säule der
GAP: Einführung einer Kappungsgrenze in Abhängigkeit von Arbeitsplätzen,
degressive Ausgestaltung der Direktzahlungen und Förderung der ersten
Hektare zur besseren Unterstützung kleiner und mittlerer Betriebe sowie
für gerechtere Zahlungsverteilung
- Stärkung und Erhöhung der 2. Säule: In Zukunft sollen alle GAP-Zahlungen
verstärkt an landwirtschaftliche Betriebe gehen, die in den Bereichen des
Umwelt-, Natur, Klima- und Tierschutzes nachweislich gesellschaftliche
Leistungen erbringen. Die Zahlungen sollen nicht nur eine Ausgleichs-,
sondern auch eine Anreizkomponente für umwelt-, natur-, klima- und
tiergerechtes Wirtschaften enthalten
- Stärkung der Förderung von Junglandwirten und Existenzgründern: Erhöhung
der Förderungen für die ersten Hektare, Ausbau der bestehenden
Junglandwirte-Förderung auf über 2% aller Direktzahlungen
- Einrichtung eines europäischen Existenzgründerprogramm mit fachlicher
Beratung und Begleitung in den ersten Jahren der Betriebsgründung
- Stärkere Förderung des Aufbaus regionaler Wertschöpfungsketten im Bereich
der Land- und Lebensmittelwirtschaft, um die regionale Nachfrage nach
Qualitätsprodukten zu bedienen und Arbeitsplätze und Einkommen im
ländlichen Raum zu generieren.
Europa im Brandenburger Alltag erlebbar machen
1. Mehr Europa in den Kommunen – und die Kommunen europäisch stärken
Europa spielt für die Brandenburger*innen eine immer stärkere Rolle, sowohl für
die einzelnen Bürger*innen aber auch für Initiativen, Vereine, Kultur und Sport,
für die kommunale Verwaltung und die Brandenburger Wirtschaft, vom
Selbstständigen bis zum mittelständischen Unternehmen. Vor allem im Bereich der
Europäischen Förderpolitik, aber auch bei Auswirkungen europäischer Richtlinien
und Verordnungen ist oft europapolitische Kompetenz oder wenigstens der Zugang
zu Informationen gefordert. Hier sehen wir Bündnisgrüne in Brandenburg noch
immer Nachholbedarf, zu viele Möglichkeiten können nicht genutzt werden, zu viel
Expertise ist oft am falschen Ort.
Deshalb fordern wir:
- Einrichtung von zentralen Anlaufstellen („one-stop-shops“) für Fragen rund
um Europäische Politik und Förderung in allen Kreisstädten mit
entsprechenden Kompetenzen und Ansprechpartner*innen in zentral gelegenen
Ladenlokalen
- Einrichtung einer Informations- und Kontaktstelle der Brandenburger
Kommunen in Brüssel inklusiver eines regelmäßigen Newsletters für alle
Brandenburger Kommunen zu europapolitisch relevanten Fragen und
Ausschreibungen
- Einrichtung eines europäischen Austauschprogramms für kommunale und
regionale Mandatsträger in Brandenburg (z.B. im Rahmen von Erasmus+)
2. Brücken und Verbindungen herstellen
Durch Brandenburg führen entscheidende, paneuropäische Verkehrsachsen. Der
Großraum Berlin-Brandenburg ist Ziel und Angelpunkt vielfältigen
grenzüberschreitenden Verkehrs, vor allem auch mit Polen und den weiter östlich
liegenden Ländern. Volle Autobahnen und anwachsender Auto- und LKW-Verkehr
sprechen eine deutliche Sprache. Waren und Menschen kennen innerhalb Europas und
vor allem zwischen Brandenburg und Polen keine Grenzen mehr. Das Positivbeispiel
des Kulturzugs zwischen Berlin und Breslau hat eindrücklich bewiesen, dass eine
attraktive Bahnverbindung auf Nachfrage stoßen und erfolgreich betrieben werden
kann. Dennoch mangelt es an Zugverbindungen zwischen Brandenburg und Polen, an
einer konkurrenzfähigen Schnellverkehrsverbindung auf der Schiene zwischen
Berlin und den polnischen Metropolen und an einem konsequenten
grenzüberschreitenden Verkehrskonzept.
Verständigung funktioniert vor allem dort, wo sich Menschen begegnen können.
Daher wollen wir grenzüberschreitende ÖPNV-Angebote weiter ausbauen. In den
letzten Jahren sind hier bereits viele Fortschritte erreicht worden. Es gibt
aber noch immer viel zu tun. Dabei stellt ein attraktiver und faktisch
gemeinsamer öffentlicher Personen- und Schienennahverkehr nicht nur eine
wesentliche Aufwertung der Lebensqualität in Brandenburg und Polen dar, sondern
er trägt auch gleichzeitig zu einem Zusammenwachsen der Ballungsgebiete und zu
einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in einer integrierten
Grenzregion bei. Vor allem jedoch kann damit eine spürbare Abnahme des
autogebundenen Individualverkehrs mit einer Abnahme an Lärm, Dreck und
Schadstoffbelastung einhergehen.
Deshalb fordern wir:
- Abbau bestehender Verbindungslücken in Grenzregionen durch forcierten
Ausbau grenzüberschreitenden SPNV und ÖPNV zwischen Brandenburg und Polen,
ggf. durch finanzielle Unterstützung der Nachbar-Woiwodschaften
- Gesamtkonzept für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr inklusive der
konsequenten Elektrifizierung aller grenzüberschreitenden Bahnstrecken
- Sicherung und Ausbau des grenznahen ÖPNVs, konsequente Nutzung von
Fördermöglichkeiten für direkte Buslinien wie z.B. in Frankfurt oder Guben
- bessere schienengebundene Einbindung des BER in die urbanen Räume
Westpolens
- besseren und direkten Bahnverbindungen zwischen den Zentren zur Verkürzung
der Fahrzeiten sowie die Erhöhung zusätzlicher Angebote
- Fortführung des „Kulturzug“ Berlin-Breslau
- Zweigleisiger Ausbau der Bahnstrecken über Horka und nach Stettin
- Ausbau des gemeinsamen Ticket- und Tarifsystems durch Aufnahme von Stettin
und den Doppelstädten wie Słubice/Frankfurt (Oder) sowie Gubin/Guben in
den VBB
3. Gute Nachbarschaft mit unseren polnischen Nachbarn
Die zwischenmenschliche Grenze zwischen Brandenburg und Polen ist noch immer
größer als an innereuropäischen Grenzen Westdeutschlands. Polen hat eine schwere
Vergangenheit aus Besetzung und Krieg erlebt, dies muss immer berücksichtigt
werden. Jedoch sind die aktuelle Situation in Polen und vor allem die Politik
der PiS-Nationalregierung in Warschau besorgniserregend und können mit diesem
geschichtlichen Hintergrund nicht mehr erklärt werden. Die gefühlte und
tatsächliche Abkehr der PiS-Regierung von einigen Europäischen Idealen und
Werten, der zunehmende Nationalismus und das Erstarken von Xenophobie,
Homophobie und religiösem Eifer in der polnischen Politik nehmen erschreckende
Züge an.
Die Vergangenheit jedoch hat es schon oft gezeigt: Europa wächst (auch) von
unten. Es gibt viele positive Entwicklungen: Menschen in den Grenzregionen
wohnen immer öfter auf der jeweils anderen Seite. Täglich pendeln mittlerweile
mehr als 1600 Pol*innen nach Ost-Brandenburg und mehr als 2100 Pol*innen nach
Berlin und die Zahlen steigen stetig an. Polinnen und Polen sind die mit Abstand
häufigsten Ehepartner*innen in binationalen Ehen. Vor Ort entstehen
grenzüberschreitende Vereine und Initiativen, wie „Slubfurt“ in Frankfurt (Oder)
und Slubice. Daher wollen wir gerade jetzt die Zusammenarbeit und den Austausch
zwischen brandenburgischen und polnischen Bürger*innen noch mehr intensivieren.
Denn Polen ist unser Nachbar und wir freuen uns auf unsere gemeinsame Zukunft.
Die Gemeinschaftsinitiative INTERREG spielt für uns Bündnisgrüne in Brandenburg
aufgrund der gemeinsamen Grenze mit Polen eine besondere Bedeutung, da wir hier
einen klaren europäischen Mehrwert erkennen können.
Deshalb fordern wir:
- Weitere Intensivierung des Brandenburgisch-polnischem Austausch
insbesondere bei Städte- und Gemeindepartnerschaften
- Förderung von Polnischunterricht an Brandenburger Schulen sowie
Unterstützung der Gründung von deutsch-polnischen Schulen
- Förderung Brandenburgisch-Polnischer Film- und Serienproduktionen, z.B. im
Rahmen des Medienboards
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Von Zeile 19 bis 21:
Rahmen eines gemeinsamen Europas vorstellen. Weil wir Europa lieben, wollen wir Europa gegen Populisten verteidigen und deshalbaber auch weiterentwickeln. Wir haben konkrete Vorstellungen, was wir uns für Europa in Brandenburg und für
Europa ist unsere Zukunft. Europa ist für uns eine Wertegemeinschaft, in der
Vielfalt, Toleranz, Menschenrechte und Respekt vor Minderheiten die Basis des
Zusammenlebens sind. Diese Werte einigen uns über Länder, Sprachen, Nationen,
Religionen, einfach über Grenzen hinweg. Die Vielfalt in der Einheit und
Zusammenarbeit aller sind die Stärken Europas. Nur mit Europa lassen sich auch
die Herausforderungen der Zukunft wie Klimawandel, Migration,
grenzüberschreitende Mobilität, innovative Landwirtschaft oder Digitalisierung
erfolgreich meistern.
Die Europäische Union ist eine politische und wirtschaftliche Erfolgsgeschichte,
für Europa und ganz besonders auch für Brandenburg. Niemals zuvor in der
Geschichte unseres Kontinents gab es eine vergleichbare Periode des
weitreichenden Friedens, der politischen und persönlichen Freiheit für alle und
des relativen Wohlstands für viele. Dennoch steht Europa vor Herausforderungen
von Innen und Außen, die seinen Bestand als Staatenunion in Frage stellen. Im
Vereinigten Königreich hat eine Mehrheit der Bürger*innen für den Brexit
gestimmt, in Ungarn und der Slowakei machen die Regierungschefs Stimmung gegen
die EU und in Polen wurde ein Rechtsstaatsverfahren eingeleitet.
Wir Brandenburger Bündnisgrünen können uns eine Zukunft für Brandenburg nur im
Rahmen eines gemeinsamen Europas vorstellen. Weil wir Europa lieben, wollen wir
Europa gegen Populisten verteidigen und deshalbaber auch weiterentwickeln. Wir haben
konkrete Vorstellungen, was wir uns für Europa in Brandenburg und für
Brandenburg in Europa wünschen.
Wir stehen ein für Europa und freuen uns auf eine europäische Zukunft für
Brandenburg.
EU-Mittel für ein ökologisches und soziales Brandenburg einsetzen
1. Gleichwertige Lebensverhältnisse fördern
Die Europäischen Kohäsionspolitik ist ein echtes Erfolgsmodell. Für uns
Bündnisgrüne bedeutet die Förderung durch Europäischen Strukturfonds nicht nur
einen wesentlichen Beitrag zur Angleichung der Lebensverhältnisse in Europa,
sondern sie sind auch ein wichtiges Instrument um die Werte und Ziele der
Europäischen Union zu fördern. Wir Bündnisgrüne stehen für einen
gesellschaftlichen Mehrwert der EU-Förderpolitik. Daher ist es unabdingbar, dass
die Kohäsionsförderung in strukturschwachen Regionen fortgeführt wird. Der
Brexit führt jedoch zu einer deutlichen Kürzung der verfügbaren EU-Mittel. Dabei
ist für uns klar, dass wir für Brandenburg keine Förderung auf Kosten noch
ärmerer Regionen in der EU verlangen. Daher streben wir an den Haushalt der
Europäischen Union für die Kohäsionsförderung aufzustocken. Darüber hinaus
gehender, besonderer Förderbedarf in Brandenburg kann durch gezielte
Bundesprogramme bzw. dem Aufstocken einschlägiger Gemeinschaftsaufgaben sehr gut
beantwortet werden.
Deshalb fordern wir:
- Negativliste für Fördergegenstände (Ausschluss von Flughäfen, Autobahnen,
Kohle- und Gasinfrastruktur)
- Erhalt der EU-Kohäsionsförderung durch ausreichende Ausstattung des EU-
Haushalts mit Eigenmitteln (Finanztransaktionssteuer, Plastiksteuer)
2. Strukturwandel im Energiesektor unterstützen und nicht bremsen.
Fördergelder können auch kontraproduktiv wirken. Sie müssen deshalb
zielgerichtet für übergeordnete Ziele ausgezahlt werden. Bestimmte
Fördergegenstände vor allem auch aus klimapolitischer Sicht müssen deshalb
ausgeschlossen werden. Die Europäische Union hat sich mit der Unterschrift unter
das Übereinkommen von Paris dazu verpflichtet, wirkungsvoll dem Klimawandel
entgegen zu treten. Daher gilt: Europa muss auf dreckigen Kohlestrom verzichten.
Wir Brandenburger Bündnisgrüne wollen jedoch die Kohlekumpel, die
Facharbeiter*innen in der kohleverarbeitenden Betrieben, die Expert*innen in den
Kohlekraftwerken, die Mitarbeiter*innen in den Zulieferbetrieben und all die
Familien in den Kohleregionen nicht vergessen. Daher fordern wir neben den
absolut notwendigen Maßnahmen von Landes- und Bundesregierung ein EU-Programm
zur Gestaltung des Strukturwandels durch Kohleausstieg, mit dem eine echte
Zukunft in der Lausitz geschaffen werden kann. Denn der Ausstieg aus der Kohle
ist eine gesamteuropäische Aufgabe, daher muss der notwendige Strukturwandel
auch in der Lausitz auch mit europäischen Finanzen flankiert werden.
Deshalb fordern wir:
- Einrichtung einer Europäisches Modellregion "Lausitz im Strukturwandel"
mit dem Ziel Kohleausstieg bei gleichzeitigem Erhalt industrieller
Strukturen
- Aufbau eines EU-Kompetenzzentrum Strukturwandel in der Lausitz
- Schaffung eines neuen Förderprogramms "Just Transition" im Rahmen des
Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (geplantes Mindestbudget: 10%
der EFRE-Mittel)
3. Die Europäische Agrarpolitik an Brandenburger Bedürfnisse anpassen
Die Förderarchitektur der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) stellt rund 40 Prozent
des Gesamtbudgets der Europäischen Union und damit den zweitgrößten Posten im
EU-Haushalt dar.
Gefördert wird jedoch keine bäuerlich orientierte und naturverträgliche
Landwirtschaft, sondern ein agroindustrieller Kurs auf Kosten von Umwelt,
bäuerlichen Erzeugern, Verbraucher- und Tierschutz, der auch in Brandenburg
deutlich spürbar ist.
Für uns Bündnisgrüne steht für die neue GAP nach 2020 fest: Sie muss die
europäische Agrarwende einleiten! Wir brauchen in Brandenburg dringend eine
Umstellung der Förderpolitik weg von der Bevorzugung großer Agrarbetriebe hin zu
mehr Förderung lebenswerter ländlicher Räume und der Honorierung öffentlicher
Leistungen der Landwirtschaft wie Arten-, Umwelt-, Klima- und Tierschutz.
Vor allem kann Europa noch viel mehr für die Junglandwirte und
Existenzgründungen in der Brandenburger Land- und Lebensmittelwirtschaft tun.
Deshalb fordern wir:
- Abkehr der pauschalen Direktzahlung pro Hektar im Rahmen der 1. Säule der
GAP: Einführung einer Kappungsgrenze in Abhängigkeit von Arbeitsplätzen,
degressive Ausgestaltung der Direktzahlungen und Förderung der ersten
Hektare zur besseren Unterstützung kleiner und mittlerer Betriebe sowie
für gerechtere Zahlungsverteilung
- Stärkung und Erhöhung der 2. Säule: In Zukunft sollen alle GAP-Zahlungen
verstärkt an landwirtschaftliche Betriebe gehen, die in den Bereichen des
Umwelt-, Natur, Klima- und Tierschutzes nachweislich gesellschaftliche
Leistungen erbringen. Die Zahlungen sollen nicht nur eine Ausgleichs-,
sondern auch eine Anreizkomponente für umwelt-, natur-, klima- und
tiergerechtes Wirtschaften enthalten
- Stärkung der Förderung von Junglandwirten und Existenzgründern: Erhöhung
der Förderungen für die ersten Hektare, Ausbau der bestehenden
Junglandwirte-Förderung auf über 2% aller Direktzahlungen
- Einrichtung eines europäischen Existenzgründerprogramm mit fachlicher
Beratung und Begleitung in den ersten Jahren der Betriebsgründung
- Stärkere Förderung des Aufbaus regionaler Wertschöpfungsketten im Bereich
der Land- und Lebensmittelwirtschaft, um die regionale Nachfrage nach
Qualitätsprodukten zu bedienen und Arbeitsplätze und Einkommen im
ländlichen Raum zu generieren.
Europa im Brandenburger Alltag erlebbar machen
1. Mehr Europa in den Kommunen – und die Kommunen europäisch stärken
Europa spielt für die Brandenburger*innen eine immer stärkere Rolle, sowohl für
die einzelnen Bürger*innen aber auch für Initiativen, Vereine, Kultur und Sport,
für die kommunale Verwaltung und die Brandenburger Wirtschaft, vom
Selbstständigen bis zum mittelständischen Unternehmen. Vor allem im Bereich der
Europäischen Förderpolitik, aber auch bei Auswirkungen europäischer Richtlinien
und Verordnungen ist oft europapolitische Kompetenz oder wenigstens der Zugang
zu Informationen gefordert. Hier sehen wir Bündnisgrüne in Brandenburg noch
immer Nachholbedarf, zu viele Möglichkeiten können nicht genutzt werden, zu viel
Expertise ist oft am falschen Ort.
Deshalb fordern wir:
- Einrichtung von zentralen Anlaufstellen („one-stop-shops“) für Fragen rund
um Europäische Politik und Förderung in allen Kreisstädten mit
entsprechenden Kompetenzen und Ansprechpartner*innen in zentral gelegenen
Ladenlokalen
- Einrichtung einer Informations- und Kontaktstelle der Brandenburger
Kommunen in Brüssel inklusiver eines regelmäßigen Newsletters für alle
Brandenburger Kommunen zu europapolitisch relevanten Fragen und
Ausschreibungen
- Einrichtung eines europäischen Austauschprogramms für kommunale und
regionale Mandatsträger in Brandenburg (z.B. im Rahmen von Erasmus+)
2. Brücken und Verbindungen herstellen
Durch Brandenburg führen entscheidende, paneuropäische Verkehrsachsen. Der
Großraum Berlin-Brandenburg ist Ziel und Angelpunkt vielfältigen
grenzüberschreitenden Verkehrs, vor allem auch mit Polen und den weiter östlich
liegenden Ländern. Volle Autobahnen und anwachsender Auto- und LKW-Verkehr
sprechen eine deutliche Sprache. Waren und Menschen kennen innerhalb Europas und
vor allem zwischen Brandenburg und Polen keine Grenzen mehr. Das Positivbeispiel
des Kulturzugs zwischen Berlin und Breslau hat eindrücklich bewiesen, dass eine
attraktive Bahnverbindung auf Nachfrage stoßen und erfolgreich betrieben werden
kann. Dennoch mangelt es an Zugverbindungen zwischen Brandenburg und Polen, an
einer konkurrenzfähigen Schnellverkehrsverbindung auf der Schiene zwischen
Berlin und den polnischen Metropolen und an einem konsequenten
grenzüberschreitenden Verkehrskonzept.
Verständigung funktioniert vor allem dort, wo sich Menschen begegnen können.
Daher wollen wir grenzüberschreitende ÖPNV-Angebote weiter ausbauen. In den
letzten Jahren sind hier bereits viele Fortschritte erreicht worden. Es gibt
aber noch immer viel zu tun. Dabei stellt ein attraktiver und faktisch
gemeinsamer öffentlicher Personen- und Schienennahverkehr nicht nur eine
wesentliche Aufwertung der Lebensqualität in Brandenburg und Polen dar, sondern
er trägt auch gleichzeitig zu einem Zusammenwachsen der Ballungsgebiete und zu
einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in einer integrierten
Grenzregion bei. Vor allem jedoch kann damit eine spürbare Abnahme des
autogebundenen Individualverkehrs mit einer Abnahme an Lärm, Dreck und
Schadstoffbelastung einhergehen.
Deshalb fordern wir:
- Abbau bestehender Verbindungslücken in Grenzregionen durch forcierten
Ausbau grenzüberschreitenden SPNV und ÖPNV zwischen Brandenburg und Polen,
ggf. durch finanzielle Unterstützung der Nachbar-Woiwodschaften
- Gesamtkonzept für den grenzüberschreitenden Bahnverkehr inklusive der
konsequenten Elektrifizierung aller grenzüberschreitenden Bahnstrecken
- Sicherung und Ausbau des grenznahen ÖPNVs, konsequente Nutzung von
Fördermöglichkeiten für direkte Buslinien wie z.B. in Frankfurt oder Guben
- bessere schienengebundene Einbindung des BER in die urbanen Räume
Westpolens
- besseren und direkten Bahnverbindungen zwischen den Zentren zur Verkürzung
der Fahrzeiten sowie die Erhöhung zusätzlicher Angebote
- Fortführung des „Kulturzug“ Berlin-Breslau
- Zweigleisiger Ausbau der Bahnstrecken über Horka und nach Stettin
- Ausbau des gemeinsamen Ticket- und Tarifsystems durch Aufnahme von Stettin
und den Doppelstädten wie Słubice/Frankfurt (Oder) sowie Gubin/Guben in
den VBB
3. Gute Nachbarschaft mit unseren polnischen Nachbarn
Die zwischenmenschliche Grenze zwischen Brandenburg und Polen ist noch immer
größer als an innereuropäischen Grenzen Westdeutschlands. Polen hat eine schwere
Vergangenheit aus Besetzung und Krieg erlebt, dies muss immer berücksichtigt
werden. Jedoch sind die aktuelle Situation in Polen und vor allem die Politik
der PiS-Nationalregierung in Warschau besorgniserregend und können mit diesem
geschichtlichen Hintergrund nicht mehr erklärt werden. Die gefühlte und
tatsächliche Abkehr der PiS-Regierung von einigen Europäischen Idealen und
Werten, der zunehmende Nationalismus und das Erstarken von Xenophobie,
Homophobie und religiösem Eifer in der polnischen Politik nehmen erschreckende
Züge an.
Die Vergangenheit jedoch hat es schon oft gezeigt: Europa wächst (auch) von
unten. Es gibt viele positive Entwicklungen: Menschen in den Grenzregionen
wohnen immer öfter auf der jeweils anderen Seite. Täglich pendeln mittlerweile
mehr als 1600 Pol*innen nach Ost-Brandenburg und mehr als 2100 Pol*innen nach
Berlin und die Zahlen steigen stetig an. Polinnen und Polen sind die mit Abstand
häufigsten Ehepartner*innen in binationalen Ehen. Vor Ort entstehen
grenzüberschreitende Vereine und Initiativen, wie „Slubfurt“ in Frankfurt (Oder)
und Slubice. Daher wollen wir gerade jetzt die Zusammenarbeit und den Austausch
zwischen brandenburgischen und polnischen Bürger*innen noch mehr intensivieren.
Denn Polen ist unser Nachbar und wir freuen uns auf unsere gemeinsame Zukunft.
Die Gemeinschaftsinitiative INTERREG spielt für uns Bündnisgrüne in Brandenburg
aufgrund der gemeinsamen Grenze mit Polen eine besondere Bedeutung, da wir hier
einen klaren europäischen Mehrwert erkennen können.
Deshalb fordern wir:
- Weitere Intensivierung des Brandenburgisch-polnischem Austausch
insbesondere bei Städte- und Gemeindepartnerschaften
- Förderung von Polnischunterricht an Brandenburger Schulen sowie
Unterstützung der Gründung von deutsch-polnischen Schulen
- Förderung Brandenburgisch-Polnischer Film- und Serienproduktionen, z.B. im
Rahmen des Medienboards